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Doktor Eisenschwein oder der Bevollmächtigte des Klangs

Text von: Christian Bayer

Eisenschwein? Bevollmächtigter? Habe ich etwa den Verstand verloren? Ich finde nicht – aber entscheiden Sie bitte selbst.

Das Szenebuch

Schweine sind mitfühlende, sensible Tiere, die uns Menschen evolutionsgeschichtlich viel näher stehen, als manch einer wahrhaben möchte. Gottfried Benn dichtete: „Die Krone der Schöpfung, das Schwein, der Mensch.“ Aber was ist denn bitte ein Eisenschwein? Hier kommt die Aufklärung: Als Arkadi Dolinski, Designer des Legat Audio SETA KT120 DT Röhrenvollverstärkers, vor vielen Jahren zu einem Röhrenstammtisch in Sachsen eingeladen wurde, wollte er unbedingt einen Verstärker mit der berühmten, direkt geheizten 2A3 Triode mitnehmen. Ihm fehlte für den Aufbau nur noch der Heiztrafo und na ja, fertig aufbauen musste er das Ganze dann auch noch. Also wickelte er den Heiztrafo mal eben vor dem Frühstück, baute das Gerät zusammen und prüfte es. Abends gegen 22.00 kam er schließlich mit dem fertigen Verstärker beim Stammtisch an und bat um Hilfe beim Tragen ins erste Stockwerk. Um sprichwörtlich die Tragweite dieser Bitte einschätzen zu können, muss man wissen, dass Arkadi Dolinski ein starker, kräftiger Mann ist. Flugs meldete sich ein Teilnehmer, der nicht ahnte, was auf ihn zukam. Schon während des Tragens fing der Träger zu fluchen an, weil der Verstärker unglaublich sperrig und schwer war. Oben angekommen, staunten die restlichen Teilnehmer Bauklötze und titulierten Dolinski wegen der vielen verbauten Übertrager spontan als „Doktor Eisenschwein“. Mit „Eisen“ werden in der Röhrenszene gemeinhin Übertrager, Trafos und Drosseln bezeichnet, die traditionell auf einen Kern aus Eisen beziehungsweise einer Eisenlegierung gewickelt werden. Doch die Witzelei endete in dem Moment, als er den Verstärker anschloss, denn der Klang war für die Teilnehmer ein positiver Schock. Ich kann das nachvollziehen, denn ich kenne so einen Dolinski-2A3-Verstärker und konnte selbst ob dessen unfassbarer Spielfreude und Dynamik nicht glauben, dass Dolinski keine zusätzliche Transistorendstufe für mehr Leistung verbaut hatte. So breitbandig hatte ich bis dato noch nie einen 2A3-Eintakt-Triodenverstärker mit seinen maximal 3,5 Watt Ausgangsleistung spielen hören. So ist „Doktor Eisenschwein“ also eine Art Respektsbezeugung. Aber wieso „Bevollmächtigter des Klangs“? Das ergibt sich aus Dolinskis Firmennamen „Legat Audio“. Der Legat war in Römerzeiten ein zum Führen einer Legion Bevollmächtigter. Mir kommt es so vor, als habe man Dolinski bevollmächtigt, einige der außergewöhnlichsten Übertrager der Audiogeschichte zu wickeln, und damit sind wir dann wirklich mitten in der Geschichte.

Na? Wie sieht das für Ihre Augen aus? Genau – wie eine Kraftwerkszentrale. Und genau das stellt die Rückansicht des SETA KT120 DT dar. Auch wenn 12–13 Watt nicht nach viel klingen, werden Sie sich wundern, was für eine Kraft so ein Verstärker entwickeln kann. Und die bezieht er vor allem aus dem „Eisen“

Lebenswege verlaufen manchmal sehr ungewöhnlich. Arkadi Dolinski wurde zu Zeiten des Kalten Kriegs in der Ukraine geboren. Ein angeheirateter Onkel war Audio-Bastler. Ihm schaute der damals 11-Jährige bei dessen Basteleien mit Radios immer wieder über die Schulter. Als sich Arkadi kompetent genug fühlte, um selbst ein Gerät zu bauen, „lieh“ er sich aus des Onkels Bestand, was er für einen Empfänger brauchte, und siehe da – das Teil funktionierte. Nun war er nicht mehr zu bremsen. In der Folge besorgte er sich sämtliche Fachbücher, derer er habhaft werden konnte und bekam schließlich Zugang zu anderen Bauteilen, insbesondere zu Röhren. Mit 13 baute er sein erstes Röhrenradio, für das er einen Ferritkerntrafo mit 10 mm Draht und 1000 Windungen selbst wickelte. Wissen Sie, was das bedeutet? Dafür braucht man unendlich viel Geduld und Feingefühl, wenn man nicht über entsprechende Maschinen verfügt. Doch damit war gewissermaßen der Grundstein für sein späteres Kerngeschäft gelegt – das Wickeln besonderer Übertrager, Trafos und Drosseln. Eine schöne Anekdote will ich Ihnen auch nicht verschweigen: Ein Verwandter nutzte Arkadis erstes Radio später als Teil seiner praktischen Diplomarbeit an der TH Kiew – mit Erfolg! Verständlicherweise träumte Arkadi allerdings in dieser Zeit von West-Produkten, die für ihn damals unerreichbar waren: Fette japanische Transistorverstärker und riesige Lautsprecher sollten es sein. Wie er unsanft aus diesem Traum erwachte, dazu später mehr. Mit 16 begann er eine Lehre als Dreher, die er aber nach nur einem Jahr hinwarf – das war einfach nichts für ihn. Schließlich erlernte er noch in der Ukraine den Beruf des Funk- und Fernsehmechanikers. Seine Lehrfirma stellte Weltempfänger her und Arkadis Spezialität wurde das Tuning sowie die finale Feineinstellung der Geräte. Als der Militärdienst anstand, verdingte er sich mangels besserer Perspektiven als Berufssoldat und so würfelte das Leben Arkadi Dolinski in die ehemalige DDR, nach Sachsen. Dort erwarb er sich eine Diplom-Ausbildung in Elektronik und spezialisierte sich auf Steuerelektronik für Panzer. Nach der Wende endete sein Militärdienst, doch Dolinski blieb in Sachsen. In den 90er-Jahren handelte er mit Autos, da sich damit gutes Geld verdienen ließ. Und mit einem Teil dieses guten Geldes kaufte er sich genau die Art von HiFi-Anlage, von der er einst geträumt hatte. Doch der Klang der teuren japanischen HiFi-Komponenten sagte ihm überhaupt nicht zu. Zuerst tauschte er die Lautsprecher gegen Selbstgebaute aus. Und weil Arkadi keine halben Sachen macht, musste es gleich ein 3-Wege-Aktiv-System sein. Warum? Für sich genommen klang dieses Lautsprechersystem subjektiv nun schon deutlich besser als die edlen japanischen Schallwandler. Nur war der Klang seiner ehemaligen Traumanlage insgesamt nun noch unbefriedigender, da die kommerziellen Verstärker so gar nicht mit seinem neuen Lautsprechersystem harmonieren wollten. Deshalb entwickelte er selbst die Schaltung für ein 3-Wege-Aktivsystem. Aber auch dieses Set-up klang für seine Ohren noch nicht gut genug, und so begann er von da an sämtliche Komponenten von Grund auf neu zu entwickeln.

Apropos Ohren. 2013 habe ich zum ersten Mal einen Dolinski Verstärker gehört und war speziell ob der brachialen dynamischen Fähigkeiten des Geräts erstaunt. Kennt man Dolinski persönlich, versteht man diese Charakteris­tik wieder, denn der Mann hat selbst jede Menge Energie. Eben deshalb möchte ich jetzt unbedingt hören, was der KT120 mit leisen Tönen anstellt. Bach ist dafür ein wunderbarer Maßstab und zwar The Art of Fugue, grandios eingespielt von Evgeni Koroliov (Tacet 13, 2-CD, Deutschland 1999). Wie erwartet gleitet der KT120 ungeheuer locker, souverän und entspannt durch dynamisch anspruchsvollste Passagen, Subtiles gibt er aber auch subtil wieder, Attacken lässt er dann wieder ohne Verzögerung durch, die Töne schwingen nach, und zwar genau dann, wenn sie eben nachschwingen. Dieser Verstärker scheint mir eine Art akus­tischer Durchreiche zu sein, wenn ich das so sagen darf. Selten habe ich so einen neutralen Röhrenverstärker gehört, der dabei zu keiner Sekunde steril tönt.

Als sich Dolinski vom Autohandel abwandte, brach sich seine nie vergangene Leidenschaft für Audio wieder Bahn. Da er der Röhrentechnik immer treu geblieben war, begann er Materialforschungen zu betreiben, um die bestmöglichen Übertrager bauen zu können. Denn die Übertrager sind Herz und Seele der Dolinski-Amps. Seine Übertrager, auch die sogenannten kleinen, sind schwer und groß – das haben wir bereits gelernt. Schwer und groß bedeutet natürlich nicht automatisch gut, oft ist genau das Gegenteil der Fall. Das zunehmende Gewicht ist eigentlich eine unerwünschte Nebenwirkung und kein Ziel, lässt sich aber laut Dolinski wegen des gewünschten hohen Wirkungsgrads nicht vermeiden und verlangt in der Herstellung große Erfahrung. Behauptungen, dass größere Übertrager höhere Verlus­te aufwiesen, verweist er ins Reich der Märchen. Man müsse nur wissen, wie man es anzustellen habe, dann sei das kein Thema. Dolinski sagt: „Jeder einzelne Trafo bekommt das, was notwendig ist. Bei einigen Trafos verwenden wir auch großen Flachdraht. Der dicke Draht ist an erster Stelle für einen hohen Wirkungsgrad und damit für einen guten Dämpfungsfaktor und Klang im gesamten Frequenzbereich notwendig. Bei den Netztrafos bringt das auch Vorteile wie stabile Leis­tungsverstärkung bei maximalem Pegel im Bassbereich, dazu bessere Dynamik und auch weniger Verluste, womit er auch einen geringeren Stromverbrauch im Vergleich zu kleineren Trafos hat.“ Dünner Draht wird nach seiner Erfahrung verwendet, wenn man auf einen kleinen Kern mehr Windungen aufbringen will und damit die Induktivität erhöhen und/oder eine größere Leistung aus einem kleinen Übertrager herauskitzeln möchte. Damit erkaufe man sich aber gleichzeitig mehrere Nachteile: einen wachsenden Wicklungswiderstand oder eine deutlich höhere Stromdichte in der Wicklung, die zu absolut unnötiger Erwärmung des Ausgangsübertragers führt, womit eine Menge Musikleistung als Wärme verbraten wird und der Wirkungsgrad sinkt. Dazu Dolinski: „Will man zum Beispiel eine mit 2A3 bestückte Triodenendstufe bauen, die laut Datenblatt eine Ausgangsleis­tung von 3,5 Watt liefern soll, und verwendet dafür Ausgangsübertrager mit typischerweise 70% Wirkungsgrad, kommen etwa 2,45 Watt am Ende heraus. Nimmt man aber einen meiner besten Ausgangsübertrager mit 98% Wirkungsgrad, stehen da 3,43 Watt Leis­tung in deutlich besserer Qualität. Damit haben wir fast 1 Watt oder etwa 40% Leistung gerettet und gleichzeitig unseren Planeten ein wenig vor der gnadenlosen Erwärmung geschützt.“

Netztrafo und rechts daneben eine Drossel stammen ebenfalls aus der ganz besonderen Fertigung von Arkadi Dolinski und sind so kein zweites Mal auf dem Weltmarkt erhältlich. Neben gutem Klang sorgt er damit für sicheren, röhrenschonenden Betrieb

Dafür ist unter anderem die Platine links unten zuständig. Sie regelt und stabilisiert die Gittervorspannung der beiden Endröhren und sichert deren störungsfreie Arbeit. Klassische und hoch moderne Baugruppen arbeiten harmonisch miteinander

So ein Ausgangsübertrager mit 98% Wirkungsgrad wird dann richtig groß und schwer, wir sprechen hier von 20 kg aufwärts. Sehr anschaulich beschreibt Dolinski den Klangunterschied zwischen 82% und 93%: „Das ist wie ein verrosteter und halb auseinanderfallender Pferdewagen im Vergleich zu einem neuen Opel Astra. Zwischen 93 und 96% wie ein Opel Astra im Vergleich zur Mercedes C-Klasse und zwischen 96 und 98% wie der Unterschied von der Mercedes C-Klasse zum besten Bentley, dabei aber doppelt so spritzig und schnell. Alles was über 98% liegt, ist mit Worten kaum zu beschreiben.“ Der SETA KT120 DT liegt bei 97% und spielt, um im Vergleich zu bleiben, eher wie ein Porsche als wie ein Bentley. Frank Stroziers Long Night (Jazz Workshop RE JW 037, LP, EU 2013) ist eines von nur zwei Alben, die der viel zu wenig bekannte Altsaxofonist Anfang der 60er-Jahre für Jazzland aufgenommen hat. Vor allem die Sextettaufnahmen wie auf dem Titelstück bleiben neben zeitlos schönen Arrangements wegen Stroziers ungeheuer farbigen Altsaxofonspiels in Erinnerung. Wieder bin ich ob der selbstverständlichen Feinzeichnung, Klarheit, Auflösung, Räumlichkeit und selbstverständlichen Autorität des KT120 begeistert. Man muss schon sehr lange suchen, um überhaupt in die Nähe einer solchen Spielklasse zu kommen. Dolinski verwendet im übrigen Kupfer für seine Trafos, da das seiner Meinung nach klanglich ausgezeichnet funktioniert und im Gegenzug auch keiner seiner Kunden bereit sei, den saftigen Aufpreis für mehrere Kilo Silber zu bezahlen. Ob sich der Klang durch Silber noch verbessern ließe, müsse er erst einmal ausprobieren. Aber darüber verliert er keinen Schlaf, denn es gibt einen Aspekt, der nach seinem Dafürhalten für seine Übertrager viel mehr bringt als Wicklungen aus Silber: ein künstlicher Alterungsprozess. Damit wird praktisch das gesamte Material entspannt, ohne es zu beschädigen. Dolinski hat bei seinen Materialforschungen mehr als 100 Jahre alte Trafos und Übertrager studiert und ist zur Ansicht gekommen, dass der Alterungsprozess, den er anwendet, viel weiter geht, als die durch die ohnehin nicht in kontrollierter Umgebung stattfindende natürliche Alterung zulässt. Der Grund, warum er sich diese Mühe macht, ist der sofort hörbare, enorme Klanggewinn, über den ja auch Kenner berichten, die „echten“, alten Draht benutzen. Ich weiß, Sie würden jetzt gerne wissen, wie das geht, klar. Ich auch. Erzählt Arkadi aber nicht. Ist ja nicht doof, der Mann.

Ich habe jetzt mehr Lust auf Musik und schließe anstelle der Wolf von Langa SON, mit der der KT120 synergetisch gut zusammen spielt, die kleinen Suesskind Audio Phänomen Lautsprecher an. KT120 und Phänomen passen weder von der Größe noch vom Preis her zueinander – aber klanglich ergänzen sie sich perfekt. Zum Beispiel auf Sweet and Lovely von Junior Mance (Milestone MCD 47100-2, CD 2004). Duke Ellingtons unbekanntere, sehr flotte Komposition „Main Stem“ geht los wie die sprichwörtliche Feuerwehr. Das Trio zeigt sich irre quirlig und wendig, gerade der Bass klingt farbig und gut definiert. Darüber hinaus besticht diese Kombination durch ihre exzeptionelle Klarheit, Sauberkeit und Schnelligkeit: Bang, wie die Kantenschläge auf die Snaredrum des Schlagzeugers wie aus dem Nichts hervorschnellen, das ist einfach Weltklasse.

Auf der zweiten Drossel sorgt eine weitere Platine dafür, dass die Anodenspannung der Endröhren sanft hoch fährt. Damit lässt sich die Lebensdauer der Röhren drastisch verlängern

Apropos Röhren. Dolinski vertraut auf russische Ware und er weiß warum. Wie kaum ein Zweiter kennt er die Röhren aus russischer Fertigung seit Jahrzehnten und verwendet nur solche Typen, die stabil sind und gut klingen. Dazu gehören sowohl die 6E6P Treiberröhre aus altem Bestand als auch die neue KT120

Wie ein Voyeur kommt man sich vor, wenn man ins Innerste dieses Verstärkers blickt, um den feinen Aufbau zu bewundern

Rechts der Prüfknopf für den Ruhestrom einer Endröhre. Mit einem Schraubendreher wird links so lange justiert, bis das Zeigerinstrument auf der Front zufrieden ist

Hinter den Abdeckblechen lauern ein Paar Zwischenübertrager aus der fantastischen Produktion von Arkadi Dolinski. Jeder Hersteller hat zur Fertigung von „Eisen“ seine Meinung – der Klang gibt Dolinski recht

Im Eingang des KT120 SETA arbeitet als Treiberröhre eine russische 6E6P Pentode, die als Triode geschaltet ist. Von dort geht es über einen Zwischenübertrager direkt weiter auf die KT120. Ein Beispiel für die vielen Kniffe, die in dieser Schaltung stecken: Die Vorspannung der Treiberröhre wird mithilfe einer kleinen Batterie erzeugt. SETA bedeutet übrigens „Single Ended Tube Amplifier“, also Eintaktröhrenverstärker, und DT steht für „Drive Triode“ oder „Dynamische Triode“. Die Endröhre ist zwar als Tetrode geschaltet, verwandelt sich aber im dynamischen Betrieb quasi in eine Triode mit den Vorteilen beider, wie erhöhte Ausgangsleis­tung und Eingangsparameter der Tetrode und niedriger Innenwiderstand und Anodenkennlinienverlauf einer sehr linearen Triode. Das ist selbstredend nur durch den Einsatz dieser speziellen Ausgangs- und Zwischenübertrager möglich. Das Prinzip selbst ist nicht neu, doch die Anwendung und die Schaltungsbesonderheiten sind Spezialitäten aus dem Hause Dolinski, die man anderswo so nicht findet. Die Leistung des Verstärkers ist mit einer relativ hohen Eingangsempfindlichkeit gekoppelt, sodass er als nomineller Vollverstärker keine spezielle Vorverstärkungsstufe mehr benötigt – was sehr erstaunlich ist bei einem Konzept mit nur zwei Verstärkungsstufen pro Kanal ohne so­genannte Über-alles-Gegenkopplung. Die 12 Watt Ausgangsleistung des KT120 könnte man problemlos auf bis zu 20, 22 Watt steigern. Der Preis dafür wäre, so Dolinski, ein höherer Ausgangswiderstand, ein kleinerer Dämpfungsfaktor und ein weicherer Bass. Mit seiner Schaltungsauslegung ist der Dolinski-SETA für unterschiedliche Lautsprecher geeignet, wie mir ja auch die SON und die Phänomen rückmelden. Die russische Leistungsröhre KT120 hat Dolinski gewählt, weil sie gut gebaut und leistungsstark sei. Diese Neuentwicklung ist mit maximal 60 Watt Anodenverlustleistung nach der ebenfalls neuen KT150 die zweit­stärks­te Röhre aus der Familie der Beam Power Tetroden. Man kann nach einer Biasanpassung auch die pinkompatiblen 6550, KT88, 90, 100, 120 oder 150 statt der KT120 stecken. Bei Beam Power Tetroden oder Strahlbündelröhren handelt es sich eigentlich um Pentoden, deren typisches Bremsgitter aus patentrechtlichen Gründen durch Elektronenleitbleche ersetzt wurde. Philips besaß seit 1926 das Patent auf die Tetrode, einer Variante der Pentode, bei der eben genau so ein Bremsgitter zur Vermeidung unerwünschter Emissionen von Sekundärelektronen eingesetzt wurde. Bekannteste Vertreterinnen sind die 6L6, die ich in meiner Tobian SA-35 Endstufe lieben gelernt habe, und die KT88. Arkadi nutzt die Röhren aus dieser Familie gerne, weil sie robust sind, gut klingen und in seinen Schaltungen genau das machen, was er möchte. Da ist sie wieder, meine gute alte Theorie von der Synergie: Nur im Zusammenspiel von Schaltung, Bauteilen und Röhren können außergewöhnliche Geräte wie der SETA KT120 DT entstehen.

Bevor meine Zeit mit diesem Ausnahmeverstärker endet, höre ich noch Mick Harveys Soundtrack zu Australian Rules (Mute IONIC17CD, CD, 2003) an. Keine leicht verdaubare Kost für eine Anlage: natürliche und synthetisch erzeugte Klangwände und überraschende Dynamikattacken stellen die Auflösungsfähigkeiten jedes Verstärkers vor eine schwierige Aufgabe. Und wieder segelt der Verstärker mit Souveränität und Grandezza durch alle akustischen Windstärken. Lassen Sie die wunderschöne, von einer Orgel getragene Atmosphäre der „Opening Credits“ auf sich wirken und direkt danach von „Training“ mit seinen Streicherattacken, den Zimbeln und der knackigen Perkussion, überrollen – das ist wirklich großes Kino. Und Sie werden verstehen, was man gemeinhin unter Durchhörbarkeit versteht.

Röhrenvollverstärker
Legat Audio SETA KT120 DT

Ausgangsleistung (4/8 Ohm): 20 Watt/12 Watt

Ausgangswiderstand: 1,3 Ohm

Dämpfungsfaktor: 6

Gewicht: ca. 50 kg

Preis: auf Anfrage

Garantie: 2 Jahre


Kontakt

www.tubesoundelectronics.de