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Mr. PTP Audio

Text von: Christian Bayer
Fotos: Britta Sauer

Interview mit Peter Reinders, Inhaber von PTP Audio

Peter Reinders’ Geschichte und die seiner Firma PTP Audio mit Sitz in Amsterdam ist prototypisch für nahezu die gesamte Szene, zumindest für eine extrem häufig anzutreffende Motivation, aus dem ursprünglichen Selbstbau einen Beruf zu machen: Es ist der Mangel. In Reinders Fall gab es einfach keine starke, verwindungssteife Chassisplatte, um das Potenzial klassischer Lenco-Plattenspieler wirklich heben zu können. Doch bevor sich Peter Reinders selbst dazu äußert, möchte ich Ihnen noch einige Informationen zum sympathischen Wahl-Amsterdamer geben. Ursprünglich kommt Reinders aus der holländischen Provinz Limburg im Südosten der Niederlande mit ihrer Hauptstadt Maastricht. Limburg grenzt an Deutschland (Nordrhein-Westfalen) und Belgien und ist traditionell von verschiedenen Kulturen geprägt. Reinders fing schon früh an, alles Mögliche auseinanderzunehmen – ebenfalls ein typisches Merkmal vieler späterer Audiounternehmer. Er fügt schmunzelnd hinzu, dass er es nicht unbedingt wieder zusammensetzen konnte. Später studierte er Industriedesign, sein praktisches Diplomwerkstück war ein Röhrenverstärker. Er arbeitete lange im Bereich Möbeldesign, bevor er sich mit PTP Audio selbstständig machte. Inzwischen verkauft er seine PTP-Designs weltweit, was kein Wunder ist: Ein klassischer Lenco vom Schlage eines L-75 sitzt in einer Schwabbelzarge, Verzeihung, das Chassis des L-75 sitzt in einer von vier Kegelfedern entkoppelten Zarge aus Pressspan. Seine Mechanik ist sehr gut, einfach und dadurch auch robust und besteht aus einem ordentlichen Tellerlager, einem mehr als 3 kg schweren, ausgewuchteten Zink-Aluminium-Verbund-Plattenteller, einem dünnen, zugespitzten Reibrad, das diesen Teller horizontal an seiner Unterseite antreibt, einem kräftigen Motor mit einer langen, dünner werden Spindel, die wiederum das Reibrad stufenlos antreibt. Der größte Schwachpunkt bei diesem ziemlich genialen Konzept ist die relativ dünne, verwindungsanfällige Chassisplatte, und genau da setzte PTP Audio ursprünglich an. Inzwischen bewegt sich das Design jedoch immer weiter auf eine eigenständige Komplettlösung zu. Das Gespräch fand im Februar 2016 in entspannter Atmosphäre in Reinders’ Amsterdamer Wohnhaus statt, wo sich auch die PTP-Werkstatt befindet. PTP bedeutet im Übrigen „Peters Top Plate“ und meint den Ersatz für das verwindungsanfällige Original-Lenco-Chassis.

Peter Reinders, Inhaber von PTP Audio, ist Designer von Beruf und ein typisch niederländischer Pragmatiker. Mit seinen Produkten kann man nur gewinnen

Christian Bayer: Herr Reinders, wie sind Sie eigentlich zu den Lencos gekommen?
Peter Reinders: Etwa 2005 bin ich beim Surfen im Internet auf einen Thread bei www.audiogon.com gestoßen, in dem ein gewisser Jean Nantais auf die Meriten seines Referenz-Lencos hinwies. Er pries ihn quasi als den besten Plattenspieler, den er je gehört habe. Das machte mich neugierig und ich kaufte mir einen Standard Lenco L-75 für 40 Euro. Zuerst baute ich eine riesige Zarge aus Panzerholz mit einem Kern aus Multiplex für das eigentliche Chassis. Der Clou war bereits da, das Lenco-Chassis direkt an das Holz anzukoppeln. Statt des mittelmäßigen Original-Tonarms montierte ich einen Selbstbau-Ladegaard-Tangentialarm, und was ich damit hörte, bestätigte Nantais’ Beschreibungen – so ein Lenco kann wirklich etwas. Und wie entstand dann die erste PTP? 2006 habe ich dann für Freunde eine erste dicke Chassisplatte aus Edelstahl herstellen lassen. Durch meine Arbeit als Schulmöbeldesigner hatte ich Zugang zu Maschinen und CNC-Programmen und entwarf eine riesige, schwere Platte mit der Aufnahme für zwei Tonarme und der sogenannten Motorinsel, einem ausgeschnittenen Teil der Platte, die den Motor isoliert vom Rest der Chassisplatte aufnehmen konnte. Insgesamt waren das 15 Stück, und ich glaube maximal 3 Leute haben überhaupt etwas damit gebaut.

PTP Audio

Was passierte dann?
Aus dem Audiogon-Forum kristallisierte sich ein harter Lenco-Kern. Der Instrumentenbauer Francois aus Annecy gründete dann 2006 das Lenco Lovers Forum. Dort vertieften sich die Kontakte. 2007 gab es auch ein Treffen in Annecy. Seine Persönlichkeit führte aber letztlich dazu, dass das Forum Anfang 2008 starb und ein Gutteil der ursprünglichen Audiogon-Freunde kurz darauf ein neues Forum namens Lenco Heaven gründete, was seither erfolgreich läuft und inzwischen mehr als 12000 Mitglieder weltweit hat.

PTP Audio

Dadurch wurde auch PTP weiter gefördert?
Auf jeden Fall. Die nächste Version PTP 2 gab es noch in einer Small-, Medium- und Large-Version. Da aber fast nur die kleine Small-Version ohne Tonarmaufnahme bestellt wurde, habe ich fortan nur noch die gebaut. Ab PTP 3 gab es dann die Möglichkeit, die Geschwindigkeit zu verändern, danach noch eine Oberflächenveredelung und seither sanfte Evolutionen, unter anderem für die Verwendung in Verbindung mit einem externen Netzteil.

Wie und wann wurde daraus eine Firma?
PTP Audio habe ich 2012 gegründet. Zum einen ging die Firma, für die ich gearbeitet hatte, den Bach runter, und ich musste mich nach etwas Neuem umsehen. Außerdem stellte ich fest, dass immer mehr PTP-Anfragen von Leuten kamen, denen ich nicht zutraute, dass sie einen vernünftigen Plattenspieler damit bauen könnten. Das kann man ganz gut anhand der Fragen erkennen, die die Interessenten stellen. Also begann ich mit dem Solid 9 für normale Tonarme und dem Solid 12 für lange Tonarme, fertige Plattenspieler anzubieten, und seither entwickelt sich dieses Geschäft langsam, aber stetig weiter.

PTP Audio

Inwiefern?
Neben den PTP-Bausätzen, die nach wie vor gut verkauft werden, und den fertigen Solid 9 und Solid 12 Komplettplattenspielern biete ich inzwischen ein PTP-Lager an, den Solid Bearing, das einen deutlichen Klanggewinn ermöglicht. Dazu kam ein kleiner Verstärker im PTP-Design, der Blok20.

PTP Audio

Aber im Kern arbeiten Sie an der Evolution des PTP-Konzepts, richtig?
Absolut. Neben dem neuen Lager wird es bald einen PTP-Tonarm geben und dann auch Teller, Reibrad und Arm sowie als fast wichtigste Entwicklung einen eigenen Motor. Ich überarbeite und modifiziere ja bislang noch immer originale Lenco-Teile. Mein Ziel ist es aber, einen komplett eigenen PTP-Plattenspieler anbieten zu können.

Aktuell kostet ein Solid 9 ja 2550 Euro, ein Solid 12 für lange Tonarme 2750 Euro, was für einen Plattenspieler, der in Stereophile Class-B gelistet ist, preisgünstig erscheint. Wohin geht die Entwicklung?
Ich denke auch, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis der Solid 9 und 12 Plattenspieler sehr, sehr gut ist, was mir meine Kunden rund um den Globus auch bestätigen. Aber natürlich wird sich der Preis für einen von langer Hand selbst entwickelten Komplettplattenspieler in andere Regionen bewegen.

Das ist verständlich. Vielleicht landet der Neue dann bei Stereophile in Class-A?
(lacht) Ja, genau. Und bekommt einen image-hifi-Award.

Genau. Vielen Dank für das Gespräch.