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Legende der Zukunft

Text von: Amré Ibrahim

Als Panasonic im Oktober 2010 die Produktionseinstellung der 1200/1210-Serie bekannt gab, sahen viele Mitbewerber die Zeit gekommen, dem Technics seine Stellung auf dem Dreher-Olymp streitig zu machen und den Versuch zu unternehmen, ihre Direkttriebler bei DJs und in den Clubs als neuen Standard zu etablieren. Geschafft hat es keiner ...

Der Aufschrei unter den DJs und denjenigen, die es noch werden wollten, war groß: Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht, dass Technics mit der Auslieferung der letzten Exemplare der Modelle SL-1200 und SL-1210 begonnen hatte. Wer das Geld gespart hatte – zu diesem Zeitpunkt wurde ein neuer „Zwölfzehner“ zu Preisen zwischen 800 und 1000 Euro angeboten –, bemühte sich, schnell ein neues Pärchen zu ergattern, da nicht wenige Händler die Preise weiter anhoben. Nahezu zeitgleich erreichten die Preise auf den Gebrauchtmärkten Rekordhöhen und näherten sich zielstrebig den empfohlenen Verkaufspreisen für Neugeräte. Heerscharen von Service­anbietern schossen wie Pilze aus dem Boden und boten ihre überteuerten Reparaturdienste für durch den Clubbetrieb und/oder unsensible Plattenauflegerhände in Mitleidenschaft gezogene Geräte an. Nun, andere Mütter haben auch schöne Söhne. Aber keiner konnte die Platzhirschstellung von SL-1200 und SL-1210 je ernsthaft gefährden – selbst nach der Produktionseinstellung nicht, als neue, zum Teil deutlich günstigere Club-Plattenspieler mit zusätzlichen Features und antriebsstärkeren Motoren auf den DJ-Markt drängten. Um zu verstehen, wieso es keinem anderen Club-Turntable gelang, die Technics-Modelle vom Podest zu stoßen, muss man ein wenig in die Historie dieser Legende eintauchen.

Als Technics 1970 mit dem SP-10 den weltweit ersten Plattenspieler mit Direktantrieb präsentierte, kam dies einer Sensation gleich. Die Gleichlauf-, Antriebsmoment- und Rumpelwerte setzten neue Maßstäbe, und obwohl er für damalige Verhältnisse nicht gerade günstig war, mauserte er sich schnell zur internationalen Studio- und Rundfunkreferenz. Der Technics SP-10Mk2 erreichte zur Blütezeit der Direkttriebler sogar ganze 30 Prozent Markt­anteil im Profisegment – eine Zahl, von der Hersteller heutzutage nur träumen können. Die Geräte der ausschließlich in Japan erhältlichen Mk3-Version – die Technics übrigens auf der Basis des für eine Industrieplattenschneidemaschine entwickelten SP-02-Antriebs konstruierte – wurden größtenteils ohne Zarge und Tonarm ausgeliefert. Für Rundfunkanstalten und Studios bot Technics Profikonsolen an, von denen die BBC-Konsole und die FR-956A-Konsole sicherlich die bekanntesten sind. Als Option für den Heimanwender brachte man für die Mk2- und Mk3-Version eine Obsidianzarge auf den Markt, die unter den Modellbezeichnungen SH-10B3, SH-10B5 und SH-10B7 firmierte. Je nach Modell schlug sie mit 12, 19 oder 17,3 Kilogramm Gewicht zu Buche und beförderte den SP-10 damit quasi ins Reich der Masselaufwerke. Unter Audiophilen war diese Zarge allerdings nicht unumstritten. Viele behaupteten, dass das vulkanische Glas, aus dem sie gefertigt wurde, den SP-10 überdämpfte und ihm dadurch nicht wenig an „gefühlter Schnelligkeit“ verloren ginge. Bis heute gibt es ganze Foren, in denen alternative Zargenkonstruktionen sowie Tuningmöglichkeiten diskutiert werden, wobei die Meinungen hinsichtlich der Klangveränderungen gehörig auseinandergehen. Trotzdem sind die originalen Technics-Zargen noch immer heiß begehrt: Vor Kurzem erzielte ein New-Old-Stock-Exemplar eines Technics SP-10Mk3 mit SH-10B7-Obsidianzarge und einem Technics-EPA-100-Tonarm den rekordverdächtigen Auktionspreis von sage und schreibe 24000 US-Dollar – Versandkosten, Steuern und Einfuhrzoll nicht mit eingerechnet.
Ortofon

Panasonic war clever genug, um den Erfolg der Technics-Profidreher auf den Heimverbrauchermarkt auszuweiten. Man reduzierte den Fertigungsaufwand und versah die SP-10-HiFi-Modelle mit Zargen und Tonarmen unterschiedlicher Qualitätsstufen. 1972 stellte Technics schließlich den SL-1200 vor, der unter Audiophilen viele Freunde fand und zugleich einen neuen Meilenstein in der Plattenspielerhistorie markierte. Er bildete die Grundlage für das DJ-Laufwerk schlechthin: den Technics SL-1200Mk2, der von 1979 bis 2010 fast unverändert gebaut wurde und mit dem SL-1200Mk6 2008 sein letztes Upgrade erfuhr. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass die moderne DJ- und Clubkultur ohne den SL-1200Mk2 so nicht existieren würde. Äußerst robust verarbeitet, mit einem starken Direktantrieb sowie einer präzisen Quarzsteuerung und einem 8-Prozent-Pitchfader versehen, wurde das Gerät zuerst von der in den USA aufkeimenden Hip-Hop-Community entdeckt und zum Musikinstrument umfunktioniert: Alle noch heute aktuellen DJ-Mix- und Scratch-Techniken verdanken sich diesem Modell. Vom Hip-Hop-Lager aus trat der Dreher dann seinen Siegeszug um die Welt an und etablierte sich schnell auch für die House-, Techno- und Electronica-Szene als unantastbarer Club-Standard. Welche Bedeutung dem „Zwölfzehner“ zukam, möchte ich Ihnen anhand eines Schwanks aus meinem eigenen DJ-Leben verdeutlichen: Ein recht bekannter Radiosender hatte mein DJ-Vorprogramm im Rahmen der Reunion-Tournee der 80er-Jahre-Elektronikband Deutsch-Amerikanische Freundschaft gehört und daraufhin bei mir für eine seiner Großveranstaltungen angefragt. Ein Abschnitt des Vertrages zwischen dem Veranstalter und mir beinhaltete den sogenannten „Stage Rider“, in dem die technischen Anforderungen des Künstlers für seinen Auftritt exakt definiert werden. Mein vom Veranstalter abgesegnetes Setup setzte sich unter anderem aus einem Pioneer-DJM-500-Mischpult und einem Paar Technics SL-1200Mk2 oder SL-1210Mk2 zusammen – nichts Ungewöhnliches, der Standard eben. Zwischen einem 1200er und einem 1210er gibt es übrigens keine technischen Unterschiede, die Bezeichnungen stehen lediglich für unterschiedliche Farbvarianten: 1200 für das silberfarbene Modell, 1210 für das schwarze Chassis. Ein weiterer Abschnitt des Riders betraf die Forderung nach ungetunten Drehern. Vielen DJs war eine Pitch-Range von +/- 8 Prozent zu gering, sodass sich einige ziemlich dilettantisch an der Quarzsteuerung zu schaffen machten, um den Plattenspieler zu noch höheren beziehungsweise niedrigeren Drehzahlen zu animieren. Zum besseren Verständnis: Der Großteil der in den Clubs vorherrschenden Musikrichtungen spielt sich geschwindigkeitsmäßig zwischen 70 und 180 beats per minute (BPM) ab. Rechnen dürfen Sie jetzt selbst, aber Sie werden schnell herausfinden, warum es mit der Pitch-Range des SL-1200Mk2 praktisch unmöglich ist, ein Musikstück mit 80 BPM und einen Track mit 110 BPM zu mixen, das heißt, auf die gleiche Geschwindigkeit zu bringen. Den Nebeneffekt, den ein exzessiver Einsatz des Pitch­faders mit sich bringt, nämlich die Veränderung der Tonhöhe, die speziell bei Stimmen zu grenzwertigen Resultaten führt, will ich hier mal außen vor lassen. Da die Änderungen an der Quarzsteuerung selten für zwei 1210er genau gleich ausgeführt wurden, zeigten die beiden Geräte in der Folge ungleichmäßiges Brems- und Beschleunigungsverhalten sowie stärkere Gleichlaufschwankungen um den Bereich der Pitch-Nullstelle herum. Doch zurück zu meiner damaligen Veranstaltung: Am Abend des Auftritts führte man mich zum DJ-Pult, wo ich zu meinem Entsetzen feststellen musste, dass weder der gewünschte Mixer noch die vereinbarten Turntables aufgebaut waren. Stattdessen befanden sich dort Mitbewerberprodukte, mit denen ich keinerlei praktische Erfahrungen hatte. Mit dem alternativen Mischpult hätte ich zur Not noch leben können, aber mit anderen Drehern? Unter gar keinen Umständen! Ich mache es kurz: Meine Gage habe ich erhalten, Platten gedreht habe ich in dieser Nacht nicht. Der Grund für meine Weigerung war für den Veranstalter nicht sofort nachvollziehbar, jeder Musiker wird ihn aber verstehen: Wenn man Mix- und Scratch-Techniken an einem SL-1200Mk2 erlernt, Jahre mit Üben und dem Verfeinern dieser Techniken verbringt und in den Clubs schließlich damit arbeitet, baut man ganz selbstverständlich einen persönlichen Bezug zu seinem Werkzeug beziehungsweise Instrument auf. Beim Angleichen von Geschwindigkeiten beispielsweise befindet sich die rechte Hand des DJs am Pitch-Regler, während die linke Hand den Plattenteller feinfühlig anschubst oder abbremst, je nachdem, ob eine Beschleunigung oder Verlangsamung des anzugleichenden Tempos vonnöten ist. Das Verhältnis zwischen händischer Reibung und Druck und dem dadurch bedingten Verhalten des Plattentellers geht jedem DJ im Laufe der Zeit in Fleisch und Blut über – er kennt sein Arbeitsgerät genau und weiß, wie es unter welchen Umständen reagiert. Kriegt er bei einem Auftritt andere Turntables vorgesetzt, tauscht er diese Vertrautheit gegen ein Unsicherheitsgefühl ein, da er das exakte Verhalten der fremden Objekte auf seine Eingriffe erst während seiner Live-Performance ertasten und erforschen muss – was innerhalb eines drei- oder vierstündigen Sets kaum ohne Fehlversuche zu bewältigen ist. Dies lässt sich vergleichen mit einem Gitarristen, dem man, unmittelbar bevor er auf die Bühne geht, eine andere Gitarre in die Hand drückt. Er wird sicherlich performen können, aber nicht so, wie man es von ihm erwartet. Der andere Hals, die andere Saitenlage et cetera, all dies wird ihn daran hindern, seine technischen Möglichkeiten maximal auszuloten und seine musikalischen Absichten zielstrebig umzusetzen.

Der dreischichtige, 3,6 kg schwere Teller, eine Sandwich-Konstruktion mit Messingoberfläche, Aluminium- Druckguss und Gummi-Unterbeschichtung, empfängt die Kraft des drehmomentstarken Motors über eine 3-Zapfen-Aufnahme

Ein weiterer Punkt, der die meisten DJs und Clubs dazu bewog, das „Original“ zu kaufen, war die erprobte Zuverlässigkeit des 1200Mk2, an dessen bewährter Ergonomie sich letztlich auch alle Mitbewerberprodukte orientierten. Ein Zwölfzehner sah sich im Club meist widrigsten Umständen ausgesetzt: Zigarettenrauch und alkoholische Getränke, die gerne mal neben oder auf den Decks abgestellt wurden, machten dem Motor, der Steuerung, aber besonders gerne dem Pitchfader und der Start-Stop-Taste zu schaffen – und trotzdem drehte sich der Technics immer weiter… Natürlich hatte der Zwölfzehner auch seine Schwachstellen: Da Hip-Hop- und House-DJs unterschiedliche Anforderungen an das Mischpult und die Anordnung der Decks stellen – Hip-Hop-DJs beispielsweise bevorzugen Zwei-Kanal-Battlemixer mit extrem leichtgängigen Fadern sowie eine Einstellmöglichkeit der Faderkurven und ziehen es vor, die Decks quer aufzustellen, um ihre Techniken effizienter umsetzen zu können –, konnte stetiges Kabelumstecken schnell zum Problem für die im Zwölfzehner fest verbauten Cinch- und das sehr dünne Erdungskabel werden. Solange nur herkömmliche Schallplatten aufgelegt wurden, stellten reparierte oder ausgetauschte, nicht originale Cinchverbindungen oder ein fehlendes Erdungskabel zwar selten ein Problem dar. Mit dem Siegeszug von digitalen DJ-Systemen wie Seratos Scratch Live oder Native Instruments‘ Traktor Scratch, bei denen sogenannte Timecode-Vinylplatten auf die Plattenteller gelegt werden, begann aber der Ärger. Über derartige mit einem speziellen Signal versehene Schallplatten werden MP3- oder WAV-Dateien auf der Festplatte eines Laptops mittels eines Audio-Interfaces und einer DJ-Software oder über ein spezielles Mischpult in Echtzeit angesteuert. Unsaubere Cinchverbindungen oder Brummschleifen, die durch fehlende Erdungskabel entstehen, quittieren die digitalen DJ-Systeme gerne mit Dropouts oder Totalausfällen. Wer im Besitz eines SL-1200Mk4 war, ein 1996er-Modell, das nur in Japan und auf den südöstlichen asiatischen Märkten verkauft wurde, kannte solche Probleme allerdings nicht: Der Mk4, der mehr auf die High-End-Konsumenten als auf die DJs abzielte, verfügte über Cinchausgangsbuchsen für den Einsatz eigener Kabel und eine separate Erdungskabelklemme. Darüber hinaus ließen sich mit dem Mk4 – dem letzten Modell mit dem berühmten „Klick“ an der Pitch-Nullstelle – auch Platten mit 78 Umdrehungen pro Minute abspielen. An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass der im November 2002 vorgestellte und damals weltweit verfügbare Technics SL-1210M5G gegenüber der Mk4- und Mk2-Version einige Änderungen mit sich brachte: digitale und verbesserte Pitch-Kontrolle, weiße Nadel- sowie blaue Pitch- und Stroboskopbeleuchtung, einstellbare Tellerbremsgeschwindigkeit, verbesserte VTA-Einstellung und Gehäusedämpfung, bessere LEDs und sauerstofffreie Kupferleiter. Ich zähle hier die Neuerungen des Mk4 und des M5G auf, weil diese beiden Versionen sicherlich Pate bei der Entwicklung des Grand Class SL-1200GAE gestanden haben. Zudem klang der SL-1210M5G – leider war es mir bisher nicht vergönnt, den Mk4 zu hören – offener, ruhiger, präziser und eine Nuance räumlicher als die Mk2-Version. Ob dies von der Masse der DJs und Clubbetreiber wahrgenommen wurde, sei aber mal dahingestellt. Fakt ist, dass auch High-Ender längst das Potenzial der DJ-Dreher erkannt hatten und sich ihrerseits daranmachten, durch Tuningmaßnahmen noch ein paar Prozentpunkte mehr Klangqualität aus ihnen herauszuquetschen.

Der völlig neu entwickelte, mit zehn außen liegenden Stator-Spulen konstruierte, eisenkernlose Direktantriebsmotor soll laut Technics frei von Polruckeln sein. Der auf einer Platine aufgebaute, eisenkernfreie Zwillingsrotor soll die Belastung für das Motorlager und die Mikrovibrationen während der Rotation deutlich reduzieren

Als im Januar 2016, pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum der Marke, auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas ein neuer Technics SL angekündigt wurde, ging ein Raunen durch die DJ-Szene, das, was den Kaufwunsch anbetraf, allerdings schnell wieder leiser wurde, nachdem sich herumgesprochen hatte, dass der SL-1200GAE und der SL-1200G um ein Vielfaches teurer werden würden als ihre Vorgänger. Nach der Bekanntgabe des offiziellen Verkaufspreises von 3499 Euro für den auf 1200 Stück limitierten SL-1200GAE im April dieses Jahres winkten weniger gut verdienende Plattenaufleger enttäuscht ab, die Audiophilen horchten jedoch auf: Damit war klar, dass Technics mit seinen neuen Direkttrieblern hauptsächlich auf das High-End-Segment abzielen würde. Die GAE-Version, die mit einem Magnesiumtonarm und Absorberfüßen ausgestattet ist, deren Dämpfungsmaterial aus einem komplexen Silikongummi-Thetafaser-Gel besteht, war weltweit binnen kürzes­ter Zeit ausverkauft – ein Umstand, der Technics im Hinblick auf die Ausstattung der später erhältlichen Standardversion SL-1200G zum Umdenken brachte. Ursprünglich sollte sie zu einem etwas geringeren Listenpreis mit einem Aluminiumtonarm und weniger aufwendig konstruierten Absorberfüßen aus einfachem Silikongummi auf den Markt kommen, letztlich entschied man sich aber, sie zum gleichen Preis herauszubringen wie die limitierte. Dafür muss der Käufer weder auf den laut Hersteller deutlich überlegenen Magnesiumtonarm noch auf das effizientere Spezialdämpfungsmaterial der Absorberfüße verzichten. Einzige Unterscheidungsmerkmale zum SL-1200GAE: Die Tonarmrohrlackierung ist etwas matter aufgeraut, die Füße sind deutlich dunkler gehalten, das Silikongummi-Theta-Gel wird von einem anderen Zulieferer bezogen und die Plakette mit der limitierten Seriennummer entfällt.

Was rechtfertigt denn nun den gigantischen Preissprung des neuen Technics gegenüber dem Vorgängermodell? Die Antwort ist einfach: fast alles! Zwar ist die Ergonomie der Bedienelemente weitgehend unverändert geblieben, alles „unter der Haube“ wurde aber komplett neu entwickelt. Eine Verbesserung hinsichtlich der Anordnung der Bedienelemente gibt es allerdings auch: Beim SL-1200M5G befanden sich Reset- und Pitch-Umschalttaste direkt unterhalb des Pitch-Reglers. Diese Positionierung barg ein hohes Gefahrenpotenzial: Beim Griff zum Tonarm kam der Handballen den beiden Tasten extrem nah. Berührte er während des Mixens eine davon und hatte man dabei den entsprechenden Kanalfader am Mischpult offen, war das Desaster im Club perfekt. Die Geschwindigkeiten der beiden Dreher gingen sofort auseinander, der Mix war im Eimer, die Tanzfläche schnell leer.

Wenn man den neuen Technics von der Kartonage befreit, fällt auf, wie schwer der 1200GAE ist: Mit circa 18,7 Kilogramm entspricht sein Gewicht dem eines Masselaufwerks. Die Konstruktion ist nicht schwingend gelagert, sondern wird über die vier dicken Federfüße mit Zinkdruckgussgehäuse entkoppelt, die mit der bereits erwähnten Silikongummi-Theta-Gelmixtur gefüllt sind. Das Hochdämpfungskonzept soll verhindern, dass Vibrationen von den Lautsprechern über den Boden in den Plattenspieler übertragen werden und mit den Musiksignalen des Tonabnehmersystems interagieren, was zum sogenannten „Howling“ führt. Wie gut das neue Dämpfungskonzept von Technics funktioniert, zeigte sich bei der Aufstellung des Drehers: Von meinem TAOC-Rack auf eine hochdämpfende Basis von Acapella Audio Arts umgesiedelt, klang der SL-1200GAE plötzlich wie eingeschlafene Füße – ein eindeutiger Fall von Überdämpfung. Also: Obacht bei der Aufstellung! Die Füße dienen übrigens gleichzeitig zur unkomplizierten Höhenverstellung des Laufwerks – der SL-1200GAE steht blitzschnell in der Waage.

Das Chassis des SL-1200GAE ist eine Weiterentwicklung des dreischichtigen Aufbaus des SL-1210Mk5. Zum Verbund aus Aluminium-Druckguss, BMC und schwerem Kautschuk wurde eine aus dem Vollen gefräste, 10 mm starke Aluminiumdeckplatte hinzugefügt, um einen noch höheren Steifheitsgrad zu erreichen. Das metallgeschirmte Gehäuseinnenleben minimiert Störeinstrahlungen von außen

Bei der volldigitalen Motorsteuerungstechnologie standen die Entwicklungsergebnisse von Blu-Ray-Playern Pate. Die Steuerung soll künftig über den unterhalb des Plattentellers, auf der Gehäuseoberfläche positionierten USB-Anschlusses service- und updatefähig sein

In Sachen Verarbeitungsqualität hat ein Technics-Produkt grundsätzlich Außerordentliches zu bieten. Der SL-1200GAE jedoch ist High-End im wahrsten Sinne des Wortes. Allein schon die hell gebürstete, aus einem vollen, 10 Millimeter dicken Stück Leichtmetall gefräste Aluminiumdeckplatte würde auch deutlich teureren Laufwerken bestens zu Gesicht stehen. Vom blau beleuchteten On-off-Schalter über die mit weißem Licht versehene Strobos­koplampe bis zur Telleroberfläche aus Messing – alle Bedienelemente und Oberflächen sind makellos ausgeführt. Gleiches gilt für die Verarbeitung der Tonarmbasis, des Tonarms und dessen Einstellfunktionalität. Alle notwendigen Justageparameter, von der Auflagekraft bis zum Anti-Skating, können schnell und effizient angepasst werden, die Einfachheit der Tonarmhöheneinstellung verdient dabei ein besonderes Lob: Das überdimensionierte VTA-Drehrad, das bereits bei den Vorgängermodellen maßstabsetzend in puncto Komfort war, lässt sich über eine Distanz von 6 Millimetern feinfühliger drehen denn je. Lässt man bei der VTA-Einstellung ein wenig Vorsicht walten, kann man die korrekte Tonarmhöhe direkt während der Tonabnehmerabtastung ermitteln – die Klangveränderungen geben unmittelbar Aufschluss darüber, wann der Sound einrastet. Die Fertigungsqualität des s-förmig gebogenen Magnesiumtonarms lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Laut Hersteller zeichnet sich das sehr leichte Magnesium durch einen sehr hohen Dämpfungsgrad aus und besitzt praktisch keinen Eigenklang. Die Produktion des Tonarms stellte die Japaner vor besondere Herausforderungen, denn Magnesium verändert durch Erhitzung seine molekularen Eigenschaften. Um dies zu vermeiden, entwickelte Technics eine spezielle Herstellungsmethode, bei der der Tonarm im kalten Zustand geformt wird. Darüber hinaus soll eine neu entwickelte kardanische Aufhängung mit jeweils zwei Kugellagern, bei der sich die horizontale und die vertikale Bewegungsachse präzise in einem virtuellen Punkt schneiden, außen für optimale Tonarmnachgiebigkeit und -führung sorgen und eine maximale Versteifung im Hinblick auf nachteilige Dreh- und Kippbewegungen gewährleisten. Übrigens sollte nicht unerwähnt bleiben, unter welchen Umständen der neue Technics-Tonarm das Licht der Welt erblickte: Das 2013 initiierte „Technics Revival Project“ unter der Leitung von Frau Michiko Ogawa –Direktorin der Panasonic Home Entertainment Business Division und eine in Japan sehr bekannte Jazzpianistin – nahm 2014 richtig Fahrt auf, stellte die Technics-Ingenieure allerdings vor ein Problem: Über digitale Expertise verfügte das Unternehmen zwar im Übermaß, das analoge Know-how jedoch, das notwendig war, um einen neuen Plattenspieler zu entwickeln, lag bei einer Mitarbeitergeneration, die sich größtenteils schon längst im Ruhestand befand. Infolgedessen wurde Hiroshi Miura, ein ehemaliger Mitarbeiter, der alles über die alten Technics-Antriebe wusste, wieder eingestellt, um ein neues Antriebskonzept zu entwickeln. Was die Entwicklung eines neuen Tonarms anbetraf, sah Technics jedoch keine Möglichkeit, sie im eigenen Haus zu realisieren, und sich daher gezwungen, einen weiteren ungewöhnlichen Schritt zu gehen: Michiko Ogawa bat den zu diesem Zeitpunkt bereits neunzigjährigen Nagao Tamagawa und sein Unternehmen Aquatech, das zu circa zwei Dritteln aus Senioren und ehemaligen Mitarbeitern der Panasonic Sound Division bestand, um Mithilfe.

In Sachen Tonarmhöheneinstellung setzt das feinfühlig bedienbare VTA-Drehrad des Technics Komfort-Maßstäbe. Nachdem die korrekte Höhe ermittelt worden ist (6 mm Spielraum) wird die Tonarmbasis mit dem „Lock-System“ verriegelt

Ein großer Vorteil gegenüber dem „Zwölfzehner“: Endlich kann der Technics mit der persönlichen NF-Kabelpräferenz mit der Phonostufe verbunden werden. Zusammen mit der separaten, massiven Erdungsklemme haben die Japaner gleich zwei Schwächefliegen mit einer Klappe geschlagen

Das stattliche Gewicht des SL-1200GAE ruht auf vier massiven, höhenverstellbaren Vibrations-Absorberfüßen. Im Inneren des Zink-Druckgussgehäuses befindet sich eine spezielle Silikon-Gummimischung, deren genaue Zusammensetzung mir man freilich nicht verraten wollte. Fakt ist: Das neue Dämpfungskonzept ist effizient und dem Alten weit überlegen.

Zeit für eine klangliche Gegenüberstellung des SL-1200GAE und meines SL-1210M5G. Um möglichst gleiche Bedingungen zu schaffen, verzichtete ich bei Ersterem auf den Einsatz selbst gewählter hochwertiger Stereo-NF-Verbindungskabel, da diese an dessen Phonobuchsen, die wie die Erdungsklemme aus gefrästem und goldplattiertem Messing gefertigt sind, klangliche Vorteile bieten würden, und nutzte stattdessen die im Lieferumfang enthaltenen Standard-Strom- und Cinchkabel. Als Abtaster kam bei beiden ein Ortofon-Concorde-Q.Bert-MM-System zum Einsatz, das durch seine extrem hohe Ausgangsspannung von 11 Millivolt besonders laut agieren kann. Betrieben wurde es mit der empfohlenen Auflagekraft von 3 Gramm. Beide Laufwerke verwendete ich mit ihren werkseitig gelieferten Gummiplattentellermatten. Das Q.Bert, ein klassischer DJ-Tonabnehmer, der ohne Verwendung einer Headshell direkt am Tonarm befestigt wird, ist mit seinem etwas limitierten Frequenzgang von 20 bis 18000 Hertz nicht unbedingt das, was man als High-End-Abtaster bezeichnet. Trotzdem waren die klanglichen Unterschiede der Laufwerke, die auf den obersten Ebenen meiner TAOC-Racks platziert wurden, unmittelbar evident. Der SL-1200GAE spielte zupackender, präziser, dynamischer, dabei aber auch laufruhiger als der M5G: Die Beats in Ricardo Villalobos‘ Minimal-House-Track „Easy Lee“ auf dem Album Alcachofa (Playhouse/EFA, PLAY083, Deutschland, 2003, 3-LP) hatten deutlich mehr Griff, die Bühne weitete sich in alle Richtungen aus, die Vocoder-Stimme schälte sich präziser umrissen aus dem Raum. Das Geschehen zeigte sich hörbar luftiger und wirkte insgesamt zentrierter oder, wie man im Zen sagen würde, „tiefer mit dem Hara verbunden“. Obwohl der Grand Class meinen M5G in allen Disziplinen auf die Plätze verwies, zeigte er sich in einem Aspekt doch als typischer Technics-Dreher: Ihm mangelte es etwas an Fundament und Farbreichtum im Bassbereich. „4 Degrees“ auf Hopelessness (Rough Trade/Beggars Group/Indigo, RTRADLP823, Deutschland, 2016) von Anohni alias Antony Hegarty präsentierte sich im Bass zwar kerniger, trockener und straffer als mit dem M5G, dafür aber ähnlich einsilbig und schlank, wie es mir von meinen Technics-SP-10-Plattenspielern vertraut ist und ich es auch von vielen anderen Technics-Drehern kenne. Ob das etwas mit der von japanischen Audiophilen gewünschten Soundästhetik zu tun hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß nur, dass dieses Phänomen bei vielen Audiophilen dazu führte, ganze Abhandlungen über die richtigen Abhilfe-Tuningmaßnahmen zu verfassen. Doch sollte man sich hier kein zu schnelles Urteil bilden und nicht vergessen: Tonabnehmer, Headshell, Plattentellerauflage, Verkabelung, Aufstellung – all dies sind ebenfalls Möglichkeiten, um dem Makel auf den Leib zu rücken!

So lobe ich mir das: Technics spendiert dem SL-1200GAE Edelstahl-Zusatzgewichte, um unterschiedlichste Tonabnehmer am leichten Magnesiumtonarm auszubalancieren. Das funktioniert auch mit richtig schweren Abtaster-Headshell-Kombinationen gut

Abgesehen vom neuen Tonarm sind die Gründe dafür, dass der SL-1200GAE seinen älteren Bruder M5G klanglich so deutlich distanziert, in der Neuentwicklung des Motors und der Steuerung sowie in der Weiterentwicklung des Chassis zu suchen. Diesbezüglich betrieb Technics beträchtliche Aufwände. Der neue Plattenteller beispielsweise ist eine dreischichtige Konstruktion mit 3,3 Kilogramm Gewicht. Er besteht aus antimagnetischem Druckgussaluminium, unter dem sich eine bedämpfende Bitumenschicht befindet, während oben auf dem Teller eine fest mit ihm verschraubte, entmagnetisierte Messingauflage angebracht ist. Der Hersteller weist darauf hin, dass seine hohe Steifigkeit und vibrationsfreie Rotation für eine bessere Laufruhe und Masseträgheit sorgen, als sie dem legendären SP-10Mk2-Studiodreher zu eigen waren. Ein kleiner Praxistest demonstriert die Überlegenheit des neuen Tellerkonzepts: Während man bei den Vorgängermodellen nur am äußeren Rand des blanken Plattentellers zu klopfen brauchte, um einen gongartigen Ton zu vernehmen, zeitigt der Klopftest beim SL-1200GAE keine solchen Ergebnisse. Der schwerere Plattenteller wird aus DJ-Sicht jedoch eine Umgewöhnung in der Handhabung mit sich bringen. Unter dem Plattenteller, der innerhalb von nur 0,7 Sekunden seine Solldrehzahl von 33 1/3 Umdrehungen pro Minute erreicht, schlummert ein Motor, der wegweisend für die Zukunft der Direkttriebler sein könnte. Laut Technics unterdrückt der im SL-1200GAE eingesetzte, mit zehn außen liegenden Statorspulen konstruierte Gleichstrommotor das Polruckeln vollständig. Zudem reduziere der innen liegende, auf einer Platine aufgebaute, eisenkernfreie Zwillingsrotor die Belastung für das Motorlager und die Mikrovibrationen während der Rotation erheblich, bei gleichzeitig hohem Drehmoment. Der Einsatz volldigitaler Motorsteuerungstechnik, die bei der Entwicklung von Blu-ray-Spielern perfektioniert wurde, sowie das Schalten des Antriebsmodus in Abhängigkeit von der aktuellen Motorposition – 539 Schlitze ermöglichen dabei eine Positionserkennung auf 0,33 Grad genau – sorgen für ein hohes Anlaufmoment und überragende Gleichlaufwerte. Das Chassis des SL-1200GAE ist eine Weiterentwicklung der klassischen dreischichtigen Chassiskonstruktion des SL-1210Mk5 und besteht aus Aluminiumdruckguss, dem Faser-Matrix-Halbzeug BMC (Bulk Molding Compound) und schwerem Kautschuk. Um eine noch höhere Steifigkeit für diese Verbundkonstruktion zu erreichen, fügte man die eingangs erwähnte Aluminiumdeckplatte hinzu.

Als Nächstes wendete ich meine Erfahrungen mit Technics-Plattenspielern auf den SL-1200GAE an. Ich tauschte die Gummimatte gegen eine 6 Millimeter dicke Music Mat von the Cartridgeman aus sehr weichem Polymermaterial mit niedriger Oberflächenspannung aus. Diese Matte kam in der Vergangenheit bereits in meinem Garrard-301-Laufwerk zum Einsatz, wenn ich mit hochauflösenden, aber nicht übermäßig grundtonstarken Abtastern gearbeitet habe. Als Cinchkabel wählte ich ein Straight Wire Crescendo II, das sich grundsätzlich durch eine relativ hohe Präsenz im Bassbereich auszeichnet.

Auf die Technics-Headshell verzichtete ich und montierte stattdessen ein Goldenote-Vanita-High-Output-MC an eine Acoustical-Systems-Arché-5D-Headshell und ein Nagaoka-MP-10-MM-System an eine Oyaide-HS-TF-Carbon-Headshell. Aufgrund des hohen Eigengewichts der Headshell von Acoustical Systems musste der Tonarm des GAE beschwert werden, was aber kein Problem war, stellt Technics doch gleich drei Zusatzgewichte zur Verfügung, die per Gewinde an das hintere Ende des Tonarms montiert werden können. Es wäre gelogen zu behaupten, dass es mich überrascht hat, wie der SL-1200GAE auf diese „Frisiermaßnahmen“ reagierte – dafür habe ich einfach schon zu lange mit unterschiedlichsten DJ- und Studio-Turntables von Technics gelebt und gearbeitet. Der massive Zugewinn an Grundtonsubstanz bei „Easy Lee“ und „4 Degrees“ rechtfertigte den Aufwand jedenfalls voll und ganz, auch wenn ich mir einen etwas farbigeren Bass gewünscht hätte. Die The Cartridgeman Music Mat soll laut Hersteller ohne zusätzliches dämpfendes Plattengewicht betrieben werden – eine Empfehlung, an die man sich schon deswegen zu halten hat, weil man durch die Dicke der Matte andernfalls in die Bredouille käme: Der Mitteldorn des SL-1200GAE ist leider etwas zu kurz geraten, um bei 180- oder 200-Gramm-Platten auch noch eine Helox-Plattenklemme von Acoustical Systems oder ein HRS-Plattengewicht aufnehmen zu können. Für High-Ender ist das aber nicht weiter dramatisch, da das Dämpfungskonzept des SL-1200GAE auch ohne weitere Hilfsmittel effizient genug ist. DJs jedoch, die den Dorn nutzen, um die Platte abzubremsen beziehungsweise zu beschleunigen, haben dadurch ein Problem, da einfach zu wenig freie Grifffläche übrig bleibt.

Bei Willie Nelsons Jazzausflug American Classic (Blue Note/Universal Music, 5 0999-2-67 197-19, EU, 2009) überzeugte die Oyaide-Nagaoka-Kombi mit einer insgesamt homogenen Darstellung, bei der allerdings das Glitzern der Becken im Hochton und das Samtige der Streicher etwas auf der Strecke blieben – nicht verwunderlich, wenn man sich den Preis des Abtasters, der leider nicht mehr hergestellt wird, vor Augen führt: Das MP 10 kostete keine 50 Euro. Der italienische Vanita-Tonabnehmer, der ebenfalls nicht mehr produziert wird und seinerzeit mit circa 350 Euro veranschlagt wurde, brachte an der Headshell Arché 5D mehr Swing in die Höhen und deutlich mehr Farben in den Mittenbereich. Auch der Bass wurde etwas fülliger und runder, wovon der Kontrabass in „Angel Eyes“ deutlich profitierte. Um zu prüfen, ob das Klangpendel des SL-1200GAE auch in eine ganz andere Richtung ausschlagen kann, tauschte ich die Straight-Wire-Kabel gegen die „schnellen“ NF-Verbindungen Acoustic System International Liveline aus, die an vielen Komponenten eine höhere Auflösung zeigen, aber auch schlanker agieren. Als Krönung kamen auch noch eine Millennium-Audio-Carbon-M-Matte als Tellerauflage und ein Lyra Kleos an der Oyaide-Headshell zum Einsatz – alles Komponenten, die Auflösungsvermögen, Transparenz und „Schnelligkeit“ begünstigen. In der Tat: Der SL-1200GAE zeigte sich jetzt von einer fein- wie grobdynamisch zackigen Seite, protzte mit Detailreichtum und Offenheit sowie einer Präzision und Konturenschärfe, die selbst in der vielfach teureren Liga der absoluten Top-Dreher für Aufmerksamkeit sorgen würde. So präsentierte sich Landmarks von Brian Blade & The Fellow­ship Band (Mid City Records/Blue Note/Universal, B002011401, USA, 2014, 2-LP) weiträumig, transparent und mit der dem Album zugedachten trockenen Klangästhetik. Mein Nottingham Analogue Dais mit Pear-Audio-Cornet-2-Tonarm vermochte das Geschehen zwar mit mehr Verve und Esprit darzustellen, fairerweise muss man aber hinzufügen, dass diese Konstellation beinahe das Dreifache des SL-1200GAE kostet. Bei allem Beifall für die Performance des neuen Technics-Plattenspielers trübte dessen Grundtonmakel, der durch die jetzigen Spielpartner wieder verstärkt zum Vorschein kam, ein wenig die Freude. In ­„Friends Call Her Dot“ mangelte es der Bassklarinette an Tieftonfundament, Chris Thomas’ Bass wirkte etwas ausgezehrt, Blades Spiel an den Tomtoms dürstete es nach einem Quantum Bauch. Sie ahnen, was ich Ihnen mitteilen will? Beim Kauf eines SL-1200G ist die eingehende Beschäftigung mit der Aufstellung, der Wahl der Headshell-Abtaster-Kombination sowie der Plattentellerauflage und der Verbindungskabel unumgänglich. Eigentlich gilt dies für jeden Plattenspieler, noch mehr für Laufwerke, die ohne Tonarm ausgeliefert werden. Doch nicht allzu viele Analogdreher bergen ein so großes Potenzial, das nur darauf wartet, freigelegt zu werden.

Fazit: Der Technics Grand Class SL-1200G(AE) ist weit mehr als nur ein Zwölfzehner-Nachfolger, er ist der beste SP-10, den Technics jemals gebaut hat. Nimmt man etwas Forschungsaufwand in Kauf und das nötige Kleingeld in die Hand, erhält man einen Direkt­riebler mit Technics-typischer Zuverlässigkeit, einem zukunftsweisenden Motor und zukunftssicheren Steuerungskonzept, einfachs­ter Tonarm- und Tonabnehmereinstellung, einer tadellosen Verarbeitung inklusive nostalgisch-moderner, wertiger Optik und zu guter Letzt einem absolut high-endigen Klang. Hätte ich etwas Geld auf der Seite, würde jetzt ein SL-1200G eine der obersten Ebenen meiner Racks belegen. Nicht aus romantischen Gründen, weil er eine Legende einer in weit zurückliegender Zeit entstandenen Leidenschaft darstellt – was für viele Käufer zweifellos zutreffen wird. Ich dagegen bin mir sicher: Der Grand Class SL-1200G ist eine Legende der Zukunft.

Plattenspieler

Technics Grand Class SL-1200GAE

Funktionsprinzip: Plattenspieler mit Direktantrieb und kardanisch gelagertem Drehtonarm

Chassis: vierschichtige Konstruktion aus Aluminium- druckguss, BMC (Bulk Molding Compound) und Kautschuk mit eloxierter und gebürsteter Aluminiumdeckplatte

Lager: Stahl, selbstschmierend

Teller: dreischichtiger Plattenteller (Gewicht 3,3 kg) aus Messing (Oberfläche), Aluminiumdruckguss und Gummi (Unterbeschichtung)

Geschwindigkeiten: 33 1/3 U/min, 45 U/min, 78 U/min

Antrieb: kernloser Direktantrieb, Motorregeltechnik mit elektronischem Sinuswellengenerator mit 120° (Antriebsspannung beim Anlaufen) und 180° (bei Nenndrehzahl)

Tonarm: Magnesiumtonarmrohr mit hoher Nadelnachgiebigkeit, Kardanaufhängung, gefräste Lagerbuchsen, selbstschmierendes Tellerlager

Besonderheiten: 4 höhenverstellbare Vibrationsabsorberfüße mit Zinkdruckgussgehäuse und spezieller Silikon-Gummi-Mischung, vergoldete Messinganschlussbuchsen (Cinch), Metallschirmung im Gehäuseinneren, Pitch-Geschwindigkeitsregler (+/- 8 %, umschaltbar auf +/- 16 %), Reset-Taste, einstellbare Start- und Bremsgeschwindigkeit, im Betrieb einstellbarer VTA, antimagnetische Verschraubungen

Maße Laufwerk (B/H/T): 45,3/17,0/37,2 cm

Gewicht Laufwerk: 18,7 kg

Ausführung: gebürstete Aluminiumdeckplatte

Lieferumfang: Bedienungsanleitung, Kunststoffheadshell, 7"-Puck, 3 Tonarmzusatzgewichte, Gehäuseabdeckung, Gummiplattentellerauflage, Überhangeinstelllehre aus Kunststoff, Cinch-, Erdungs- und Stromkabel

Garantie: 5 Jahre (SL-1200G 3 Jahre)

Preis: 3499 Euro


Kontakt

www.panasonic.com/de